Gemeinschaftliches Testament von Ehegatten

Ehepartner können nach § 2265 BGB ein gemeinschaftliches Testament errichten. Bei einem solchen Testament handelt es sich eigentlich um zwei Testamente, da jeder der Ehepartner ein Testament errichtet. Die Ehepartner handeln dabei aber aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses. Für das gemeinschaftliche Testament gelten gegenüber dem Einzeltestament einige Besonderheiten.

Formvorschriften

Für ein gemeinschaftliches Testament gelten einige Besonderheiten bezüglich der Form. Bei einem öffentlichen Testament, ergibt sich die Besonderheit lediglich daraus, dass zwei Testierende vorhanden sind. Jeder Ehegatte muss den Inhalt der Verfügung des jeweils anderen kennen. Vor dem Notar müssen beide anwesend sein.

Beim gemeinschaftlichen eigenhändigen Testament gibt es eine Formerleichterung. Nach § 2267 BGB genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und der andere sich dieser Verfügung durch seine Unterschrift anschließt. Dies ist jedoch nur eine Erleichterung, von der man selbstverständlich keinen Gebrauch machen muss. Jeder Ehegatte kann sein Testament daher auch selbst schreiben oder das vom Ehepartner geschriebene ergänzen. Schreibt nur einer das Testament nieder und nimmt der andere in seinem Testament Bezug auf das Testament des Ehegatten, so ist diese Bezugnahme nur wirksam, wenn das Testament auf das Bezug genommen wird auch gültig ist. Im Übrigen gelten die Formvorschriften für eigenhändige Testamente.

Möglicher Inhalt

Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments kann all das sein, das auch Inhalt eines Einzeltestaments sein kann. Die Besonderheit beim gemeinschaftlichen Testament sind jedoch die sogenannten wechselbezüglichen Verfügungen. Das sind Verfügungen, die ein Ehepartner nur deshalb trifft, weil auch der andere eine entsprechende Verfügung trifft. Deshalb hängt auch die Wirksamkeit der einen Verfügung von der Wirksamkeit der anderen Verfügung ab. Wechselbezüglich können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen sein.

Beispiel

Erwin und Frauke errichten ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und ihre zwei Kinder als Schlusserben. Hier ist anzunehmen, dass der eine den anderen nur deshalb als Alleinerben einsetzt, weil auch der andere dies tut.

Denkbar ist jedoch auch, dass sich beide gegenseitig zu Alleinerben einsetzen ohne, dass sie ihre Verfügung von der des anderen abhängig machen wollen. Wäre Frauke im obigen Beispiel vermögenslos und beide setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein, so ist es denkbar, dass Erwin seine vermögenslose Frau auch dann als Alleinerbin einsetzen würde, wenn sie dies umgekehrt nicht tut, um sie im Falle seines Todes abzusichern.

Schließlich ist es möglich, dass Eheleute vollständig ohne wechselbezügliche Verfügungen testieren und lediglich eine Testiergemeinschaft bilden, um von der Formerleichterungen Gebrauch machen zu können.

Bindungswirkung

Wie oben bereits gesagt hängt die Wirksamkeit wechselbezüglicher Verfügungen zusammen. Im Falle eines Widerrufs einer wechselbezüglichen Verfügung ist daher auch die andere unwirksam (§ 2270 Abs. 2 BGB). Aufgrund dieser Verbindung der Verfügungen besteht ein besonderer Schutz nach dem Tod eines Ehegatten. Die Verfügungen können nur zu Lebzeiten widerrufen werden. Stirbt einer der Ehepartner, kann der andere seine Verfügung nicht mehr widerrufen, da der Verstorbene seine Verfügung auch nicht mehr ändern kann.

Zu Lebzeiten können aufgrund dieser besonderen Bindungswirkung wechselbezügliche Verfügungen einseitig nur durch notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten widerrufen werden (§§ 2271, 2296 BGB).

Das "Berliner Testament"

Der weitaus häufigste Fall ist der, dass sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und einen Dritten — in der Regel die gemeinsamen Kinder — zu Erben des Überlebenden einsetzen. Diese Konstellation nennt man Berliner Testament. Aus einer solchen Verfügung ergibt sich jedoch nicht genau, was die Ehegatten rechtlich gewollt haben (es sei denn sie bezeichnen dies korrekt). Zwei Möglichkeiten sind denkbar:

  • Stirbt einer der Ehegatten wird der andere Vorerbe und die Kinder Nacherben. Nacherbfall ist der Tod des zweiten Ehegatten. Der überlebende Ehegatte erwirbt das Vermögen des Erstversterbenden. Beim Tod des Überlebenden erhalten die Kinder
  • Der überlebende Ehegatte kann jedoch auch Vollerbe des Erstversterbenden sein und die Kinder lediglich Schlusserben — die Vermögensmassen verschmelzen also nach dem Tod des ersten Ehegatten (sogenanntes Einheitsprinzip).

Die Unterscheidung der beiden Möglichkeiten hat erhebliche Auswirkungen:

  • Beim Trennungsprinzip wird der Überlebende nur Vorerbe und unterliegt den Beschränkungen eines Vorerben.
  • Der Dritte (in der Regel die Kinder) wird beim Trennungsprinzip Nacherbe und erhält daher zunächst nur ein Anwartschaftsrecht, welches z.B. vererblich ist.
  • ist der Dritte pflichtteilsberechtigt, so kann er nur im Falle der Einheitslösung bei Tod des ersten Ehepartners den Pflichtteil geltend machen. Bei der Trennungslösung ist er (Nach-)Erbe und kann somit seinen Pflichtteil nur dann geltend machen, wenn er die Erbschaft ausschlägt.
  • Mit der Trennungslösung stehen mehr erbschaftsteuerrechtliche Freibeträge zur Verfügung, da die Kinder sowohl beim Tod des ersten Ehepartners als auch beim Tod des zweiten Ehepartners einen Freibetrag als Kind des jeweils Verstorbenen haben. Bei der Einheitslösung beerben sie dagegen nur einen Elternteil.

Wegen dieser gravierenden Unterschiede sollte ein solches Berliner Testament sorgfältig verfasst werden. Ist die Verfügung nicht eindeutig, muss das Testament ausgelegt werden. Finden sich gar keine Anhaltspunkte für die eine oder andere Lösung, geht man vom Einheitsprinzip aus (§ 2269 Abs. 1 BGB).

Wiederverheiratungsklausel

Von besonderer Bedeutung ist auch die sogenannte Wiederverheiratungsklausel. Mit der Wiederverheiratungsklausel soll erreicht werden, dass der Nachlass des Erstversterbenden in jedem Falle an die gemeinsamen Kinder fällt auch für den Fall, dass der überlebende Ehegatte wieder heiratet. Auch hier macht sich die Unterscheidung zwischen Einheits- und Trennungslösung bemerkbar. Haben die Ehegatten Vor- und Nacherbschaft gewollt und eine Wiederverheiratungsklausel in ihr Testament aufgenommen, so wird angenommen, dass sie gewollt haben, dass der Nacherbfall nicht erst mit dem Tod des zweiten Ehepartners sondern mit dessen Wiederheirat eintritt.

Haben die Ehegatten dagegen die Einheitslösung gewählt, wird im Falle einer Wiederverheiratungsklausel angenommen, dass die Vollerbschaft des Überlebenden nur auflösend bedingt ist und zugleich Vor- und Nacherbfolge aufschiebend bedingt ist. Das heißt, dass der überlebende Ehegatte zunächst beim Tod des Ehepartners Vollerbe wird. Heiratet er erneut, ändert sich die Verfügung jedoch in eine Vor- und Nacherbschaft, so dass mit der Heirat der Nacherbfall eintritt und die Kinder die Erbschaft des verstorbenen Elternteils erhalten. In dieser Konstellation ist jedoch davon auszugehen, dass der überlebende Ehepartner von den Beschränkungen des Vorerben befreit sein soll. Ebenso ist davon auszugehen, dass ein Entfallen der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments für den Fall der Wiederheirat gewollt ist. Der überlebende Ehegatte kann daher seine Verfügungen aus dem gemeinschaftlichen Testament frei widerrufen, wenn er erneut heiratet.

Pflichtteilsstrafklausel

Setzen Ehegatten sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben ein, sind diese beim Tod des ersten Ehegatten von der Erbfolge ausgeschlossen. Sie haben dann Anspruch auf den Pflichtteil. Um zu verhindern, dass die Kinder diesen beim ersten Erbfall auch tatsächlich geltend machen, können die Ehegatten eine Pflichtteilsstrafklausel in ihr Testament aufnehmen. Derjenige, der den Pflichtteil geltend macht, soll danach auch beim zweiten Erbfall nur den Pflichtteil erhalten. Eine Verschärfung dieser „Strafe“ lässt sich dadurch erreichen, dass für den Fall, dass eines der Kinder den Pflichtteil geltend gemacht hat, die anderen Kinder, die dies nicht getan haben, beim Tod des zweiten Elternteils ein Vermächtnis aus dem Nachlass des erstverstorbenen Elternteils in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils erhalten. Dadurch wird der Nachlass des als zweites verstorbenen Elternteils und damit auch der Pflichtteil des „zu bestrafenden“ Kindes verringert (sog. Jastrow ́sche Klausel).